
Wolfgang Wagner

Wolfgang Wagner
„Großes Ochsenauge, männlich“
Sonnig, warm, nicht zu windig – unter diesen Bedingungen flattern Tagfalter am liebsten über Wiesen. Wenn dann noch die richtigen Futterpflanzen bereitstehen, finden Schmetterlinge hier einen echten Lebensraum, weiß Wolfgang Wagner, Naturschutzhelfer und Entomologe aus Leidenschaft. Mit seinem umfassenden Wissen unterstützt er auch die Kreisnaturschutzstation Gräfenmühle. Ein Plädoyer für mehr Naturnähe – auch im eigenen Garten.
Verbringt man einen Nachmittag mit Schmetterlingsexperte Wolfgang Wagner, entdeckt man sie plötzlich überall: Schwarze Stachelraupen in Brennnesselstauden am Wegesrand. Zwei Tagpfauenaugen, die im Zick-Zack-Schritt über eine Wiese tanzen. „Das ist die Raupe des Zimtbären, der ist eher selten“, erläutert Wolfgang Wagner geduldig angesichts einer braunen Raupe, im, man kann es nicht leugnen, Bärenfell, die gerade versucht, sich in die nächste Wiese zu retten. Der Kleine Weinschwärmer sei dagegen Olivgrün und leuchtend Pink. Ach, und dann gebe es da noch den Dickkopf- oder den Schachbrettfalter und das Wiesenvögelchen. Wolfgang Wagners Wissen scheint endlos zu sein. Seit mehr als 50 Jahren begeistert er sich für Insekten, insbesondere Käfer und Schmetterlinge, und sensibilisiert andere als Naturschutzhelfer für deren Besonderheiten und Bedürfnisse.
„Zum Teil ist die Raupe wunderschön und der Falter so unscheinbar wie ein Stück Holz. Oder es ist umgekehrt. Es gibt nichts, was es da nicht gibt an Vielfalt, an Formen, an Farbe.“ Wolfgang Wagner blättert weitere Falter mit den aufregendsten Zeichnungen, den fantasievollsten, absurdesten Namen und den tollkühnsten Farben in einem Buch heraus. Wie Wesen von einem anderen Stern kommen sie daher. Augenscheinlich ausgestattet mit Zauberkräften – und das nicht nur im Hinblick auf die Metamorphose, wenn aus wurstigen Raupen, filigrane Falter werden. „Wussten Sie, dass die Pheromone eines Weibchens für männliche Schmetterlinge noch einen Kilometer entfernt wahrnehmbar sind?“, fragt Wolfgang Wagner.
Ein artenreiches Pflanzenspektrum
Auf der Blühwiese in Oberlungwitz ist heute nicht so viel los. Sowieso zählten Dreiviertel der Schmetterlinge zu den Nachtfaltern, sind tags also nicht zu sehen. Deshalb veranstaltet Wolfang Wagner immer wieder sogenannte Lichtfänge, geht mit Interessierten nachts raus in die Natur, um den Nachtfaltern begegnen – mithilfe einer Lampe, die die Falter anlockt. Dann nimmt Wolfgang Wagner im Augenwinkel aber doch ein Flattern wahr: „Ochsenauge, männlich“, bestimmt der ehemalige KFZ-Mechaniker, zu dessen ruhiger Art der sachte Flügelschlag eines Schmetterlings so viel besser zu passen scheint als das Dröhnen laut aufheulender Motoren, mit nur einem flüchtigen Blick.
„Es wird von Jahr zu Jahr weniger auf den Wiesen. Es ist alles bekannt. Aber es ändert sich nichts.“ Die Traurigkeit, ja die Fassungslosigkeit sind Wolfgang Wagner anzumerken, der sich noch an vor Insekten überbordende Wiesen erinnern kann. Diese Zeiten sind vorbei. Arten wie das Veränderliche Widderchen gebe es schon nicht mehr. Der Schmetterling, selbst Sinnbild für Transformation, Erneuerung und Wiedergeburt, ist bedroht. Der Grund: Verlust an Lebensraum. Genauso eine Landwirtschaft deren Düngemittel Auswirkungen auf die Pflanzen haben und damit auch auf jene, die davon leben. Die Voraussetzung für eine Insekten- und Faltervielfalt aber sei ein artenreiches Spektrum an Pflanzen, die sowohl Raupen als auch Schmetterlingen als Futter dienen. Deshalb legt Wolfgang Wagner auch im Auftrag des LPV Westsachsen e.V. Blühwiesen an und dokumentiert das Artenvorkommen beim Schmetterlings-Monitoring.
Schmetterlinge und ihre Raupen, die Wagner liebevoll „kleine Fressmonster“ nennt, seien echte Feinschmecker: Nicht jede Falterart mag auch jede Pflanze. Für monophage Arten kann diese Spezialisierung heute lebensbedrohlich sein. „Je spezielle die Art eingestellt ist und die Pflanze nicht mehr vorhanden ist, umso schwieriger wird es – dann verschwinden die“, bringt es Wolfgang Wagner auf den Punkt. Umso wichtiger wird in diesem Zusammenhang gebietsheimisches Saat- und Pflanzengut, wie beispielsweise Labkraut, eine cremefarben blühende, bei vielen Schmetterlingsarten beliebte Futterpflanze. „In meinem verwilderten Garten habe ich davon ganz viele Exemplare. In der Dämmerung fliegt dann schon mal ein Kleiner Weinschwärmer. Die Raupe lebt im Labkraut, der Falter saugt an den Blühpflanzen“, kommt Wolfgang Wagner ins Schwärmen. Von Menschen oft gefürchtet, von Schmetterlingen heiß geliebt: „Die Brennnessel ist die einzige Futterpflanze unserer schönsten heimischen Tagfalterarten, wie Tagpfauenauge oder Kleiner Fuchs. Deshalb sollte man sie im Garten stehenlassen“, erläutert Wagner.
Schon eine kleine Ecke genügt
Wie andere Insekten auch, benötigen Schmetterlinge Raum und Zeit, um sich über mehrere Stadien hinweg zu entwickeln bzw. ihre Metamorphose zu vollziehen. Deshalb sei es wichtig, naturnahe Blühflächen zu schaffen, die Faltern Rückzugsmöglichkeiten bieten. „Auch Gärten lassen sich naturnah gestalten“, spricht Wolfgang Wagner aus Erfahrung. Schon eine kleine Ecke genüge, die man ruhig verwildern lassen könne und wo mal kein Mähroboter laufe. „Wenn der Lebenszyklus einmal unterbrochen wird, dann ist die Art für den Zeitpunkt verschwunden und kann sich nicht weiterentwickeln.“ Auch jeder Balkon kann ein Lebensraum für Insekten oder Schmetterlinge werden. Wer das richtige Saatgut für die Pflanztöpfe sucht, wird auch in der Kreisnaturschutzstation Gräfenmühle fündig. „Wir wissen alle, was zu tun ist. Wir müssen nur noch danach handeln“, wünscht er sich mehr Engagement für den Natur- und Artenschutz in der Gesellschaft.
Wie andere Insekten auch, benötigen Schmetterlinge Raum und Zeit, um sich über mehrere Stadien hinweg zu entwickeln bzw. ihre Metamorphose zu vollziehen. Deshalb sei es wichtig, naturnahe Blühflächen zu schaffen, die Faltern Rückzugsmöglichkeiten bieten. „Auch Gärten lassen sich naturnah gestalten“, spricht Wolfgang Wagner aus Erfahrung. Schon eine kleine Ecke genüge, die man ruhig verwildern lassen könne und wo mal kein Mähroboter laufe. „Wenn der Lebenszyklus einmal unterbrochen wird, dann ist die Art für den Zeitpunkt verschwunden und kann sich nicht weiterentwickeln.“ Auch jeder Balkon kann ein Lebensraum für Insekten oder Schmetterlinge werden. Wer das richtige Saatgut für die Pflanztöpfe sucht, wird auch in der Kreisnaturschutzstation Gräfenmühle fündig. „Wir wissen alle, was zu tun ist. Wir müssen nur noch danach handeln“, wünscht er sich mehr Engagement für den Natur- und Artenschutz in der Gesellschaft.
Diesen Beitrag teilen:







